Unser Statement zum antisemitischen Vereinnahmungsversuch des CSD Würzburg 2024 durch »Students for Palestine Würzburg«.

No Pride In Antisemitism!

Eine Gruppe namens „Students for Palestine Würzburg“ kündigt an, den Würzburger CSD für ihre israelfeindliche und antisemitische Hetze zu vereinnahmen.

In ihrem Aufruf unterstellt die Gruppe tausenden israelischen LGBTQ+, ihre Existenz und Queerness sei lediglich Camouflage, ein „kolonialer Narrativ“ zur Ablenkung vom „Genozid“ des „Apartheid-Ethnostaats“. Kein Wort hingegen verlieren sie zum Schicksal von LGBTQ+ in Gaza und dem Westjordanland, die dort unter systematischer Unterdrückung und Verfolgung bis hin zu Todesgefahr zu leiden haben – sowohl durch islamisch-konservative Moralvorstellungen als auch durch das repressive Regime der palästinensischen Autonomiebehörde und die islamistische, frauenfeindliche und antisemitische Hamas1.

Täter-Opfer-Umkehr gegen von Antisemitismus Betroffene

Ausführlich inszenieren sich “Students for Palestine” als verfolgte, zensierte und unterdrückte Opfer staatlicher Willkür und Kämpfer:innen für Gerechtigkeit – eine Mechanik, die geradezu symptomatisch für den modernen Antisemitismus ist: Antisemit:innen projizieren sich in einen defensiven Handlungsnotstand, nur um ihr – oft zeitnah darauf erfolgendes – noch offener antisemitisches Ausagieren zu rechtfertigen.

In geteilten Postings bewirbt „Students for Palestine“ u.a. eine israelfeindliche Kundgebung, dekoriert mit der Karte eines groß-palästinensischen Staats auf dem Gebiet Israels. Laut Selbstauskunft fordert die Gruppe das „Ende der illegalen Besatzung von Palästina“ – und impliziert damit die Zerstörung des jüdischen Staates. Diesem spricht man neben der Existenzberechtigung kurzerhand auch seine Schutzfunktion vor antisemitischer Verfolgung für Jüdinnen und Juden weltweit ab: Denn, so die höhnische Täter-Opfer-Umkehr, die „Wurzel des Antisemitismus“, läge natürlich vor allem im jüdischen Staat selbst begründet: Den dort lebenden Jüdinnen und Juden und jenen, die mit ihnen solidarisch sind (!).

Der CSD Würzburg muss ein sicherer Ort für Alle sein!

Wer die Rechtfertigung von antisemitischem Terror für ein queeres Anliegen hält und Israel das Existenzrecht abspricht, der verrät nicht nur Jüdinnen und Juden, sondern auch die Kämpfe von LGBTI gegen islamistische Unterdrückung und Gewalt. Wir fordern dazu auf, die israelfeindliche und antisemitische Instrumentalisierung des CSD zu verhindern und sich dem Hass und der Hetze entgegenzustellen.

Der CSD muss ein sicherer Ort für alle Menschen sein!

(Wir dokumentieren im folgenden einen Aufruftext des Bündnis gegen Antisemitismus Oldenburg, dem wir uns uneingeschränkt anschließen.)

Gegen Antisemitismus in queeren Kontexten!

»Unter dem Motto “Queers for Palestine” wird seit dem Terrorangriff der Hamas vom 07. Oktober wieder einmal versucht, die Kämpfe von LGBTI für antisemitische Hetze gegen den jüdischen Staat zu instrumentalisieren. Antizionistische Gruppierungen nahmen bereits in der Vergangenheit an CSDs teil und verbreiteten dort ihre israelfeindliche Propaganda. Intersektionale und queere identitätspolitische Ansätze blenden Antisemitismushäufig aus oder befördern ihn sogar. Die Vordenkerin der Queer Theory, Judith Butler, rechtfertigte das antisemitische Pogrom vom 07.10. als Widerstand. Für Jüdinnen und Juden bedeutet das, dass sie sich in queeren Bewegungen häufig nicht sicher fühlen können und faktisch aus diesen ausgeschlossen werden.

Wer die Rechtfertigung von antisemitischem Terror für ein queeres Anliegen hält und Israel das Existenzrecht abspricht, verrät nicht nur Jüdinnen und Juden, sondern auch die Kämpfe von LGBTI gegen islamistische Unterdrückung und Gewalt.

Foto: Tel Aviv Gay Pride Parade. An der größten Gay Pride Asiens nehmen regelmäßig mehrere hunderttausend Besucher teil. Ein Viertel der Bevölkerung Tel Avis bezeichnen sich als homosexuell. Bei einer Einwohnerzahl von 400.000 bedeutet das, dass sich etwa 100.000 Menschen in der Stadt als Teil der LGBTQ+-Community identifizieren. In der Stadt haben auch zahlreiche Homosexuelle aus palästinensischen Gebieten und anderen arabischen Staaten Zuflucht gefunden, um den dort vorherrschenden, homofeindlichen Verhältnissen zu entkommen. (Quelle Foto: Ted Eytan)

Denn in Israel ist queeres Leben öffentlich sichtbar, in großen Teilen der Gesellschaft akzeptiert und LGBTI sind rechtlich vor Diskriminierung und Gewalt geschützt. Deshalb ist der jüdische Staat häufig erster Fluchtpunkt von LGBTI aus den palästinensischen Gebieten und anderen arabischen Staaten, um den dort vorherrschenden homofeindlichen Verhältnissen zu entkommen. Umso zynischer ist es, wenn queere Aktivist*innen unter dem Schlagwort „Pinkwashing“ ausgerechnet dem jüdischen Staat vorwerfen, seine LGBTI-freundliche Politik sei nur ein Ablenkungsmanöver. Dabei sind es Israels Gesetzgebung und Souveränität, die queeres Leben in der Region schützen.

Im Gegensatz dazu werden in Gaza und dem Westjordanland Homosexuelle systematisch verfolgt und diskriminiert: In Gaza können sie mit bis zu 10 Jahren Gefängnis bestraft werden. Zudem sind sie von islamistischer Gewalt bedroht: Seit 1986 jagt der al-Majd, eine Unterorganisation der Hamas, Menschen in den Palästinensischen Gebieten, welchen sowohl „moralische“ Verfehlungen im Sinne der islamistischen Doktrin der Hamas als auch mögliche Kollaborationen mit Israel vorgeworfen werden.

Einer der Mitbegründer der Hamas, Mahmoud Zahar, sagte in Bezug auf Homosexualität unter anderem: „Ihr im Westen lebt nicht wie menschliche Wesen. Ihr lebt nicht einmal wie Tiere. Ihr akzeptiert die Homosexualität. Und jetzt kritisiert ihr uns?“. Die Existenz von queerem Leben ist nicht zu vereinbaren mit den autoritären Reinheitsvorstellungen, die in der palästinensischen Gesellschaft etabliert sind und von den Vollstreckern im Namen der Hamas überwacht werden.

Foto: Tanzende Frauen in irgendwo in Gaza – in Gaza werden Frauen systematisch unterdrückt und diskriminiert. 2009 verbot die Hamas Frauen das öffentliche Tanzen und seit 2022 öffentliche Konzerte. (Quelle: Al-Monitor)

Auch im Westjordanland sind Homosexuelle nicht sicher: Das zeigt zum Beispiel der brutale homofeindliche Mord an Ahmad Abu Marhia in Hebron am 06.10.2022. Dessen Mörder wurde teilweise sogar bejubelt, da er die „moralische Integrität“ der islamisch-patriarchal geprägten Gesellschaft aufrechterhalten hätte. Durch die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) erfährt queeres Leben im Westjordanland weder rechtlichen Schutz, noch setzt sich die PA für eine breitere gesellschaftliche Akzeptanz ein, welche Morde wie den an Ahmad präventiv verhindern könnte. Stattdessen werden auch im Westjordanland queere Personen als potenzielle Kollaborateure mit Israel gesehen und Organisationen, die sich für eine breitere Akzeptanz von queerem Leben in den Palästinensischen Gebieten einsetzen, stehen unter Generalverdacht.

Wer Israel statt Hamas und PA die Schuld für die schlechte Situation von LGBTI in den palästinensischen Gebieten gibt, verschließt die Augen vor der Realität und stellt den Hass auf den jüdischen Staat über die Rechte von LGBTI.

Israel ist der einzige Ort der Welt, der Jüdinnen und Juden vor der Vernichtung schützt und dabei LGBTI ein gleichberechtigtes Leben in relativer Sicherheit ermöglicht. Antisemitischer Hass auf Israel darf in queeren Kontexten keinen Platz haben. Wer ihn verbreitet, kann kein*e Verbündete*r sein.

Der Hass auf Homosexuelle ist genauso wie Antisemitismus und Frauenhass fester Bestandteil des Weltbilds islamistischer Terrororganisationen wie der Hamas. Auch unter der Herrschaft anderer islamistischer Regime sowie in Staaten mit islamisch geprägtem Rechtssystem ist die Situation für Homosexuelle desaströs:

Im Iran, der die Hamas maßgeblich unterstützt und Israel von der Landkarte löschen will, werden Homosexuelle unter grausamen Bedingungen inhaftiert und schwulen Männern droht die Todesstrafe. Seit 1979 richtete das islamistische Regime zwischen 4.000 und 6.000 schwule, lesbische und bisexuelle Menschen hin. Unter anderem erhängt man sie an Baukränen, die von deutschen Unternehmen produziert wurden.

Der Iran ist nur eines von 12 Ländern, in denen die Todesstrafe für Homosexuelle Gesetz ist. Bis auf Uganda handelt es sich dabei um Länder mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit, deren Bestrafung von Homosexualität auf der Scharia basiert. In zahlreichen weiteren islamischen Ländern werden Haftstrafen verhängt.

Infografik: Homosexuelle haben in weiten Teilen der islamischen/arabischen Welt unter breiter und systematischer Diskriminierung zu leiden. (Quelle: Statista/Spartacus International Gay Guide)

Im traditionellen islamischen Verständnis ist Homosexualität nicht legitim und gilt als strafbar. Die Scharia erstickt jeden Versuch einer selbstbestimmten, individuellen Lebensgestaltung abseits rigider Sittengesetze im Keim. Lesbische Frauen leiden unter einer doppelten Diskriminierung, da sie oftmals von ihren Familien in eine Ehe mit einem Mann gezwungen werden. Für LBGTI ist deshalb ein freies und sicheres Leben in solchen Ländern unmöglich. Sie müssen mit der ständigen Angst vor Entdeckung leben. Entscheiden sie sich zur Flucht, sind sie nicht nur von Verfolgung innerhalb muslimischer Communities in Deutschland bedroht, sondern auch von Abschiebungen, die einem Todesurteil gleichkommen. Ihr Recht auf Asyl muss unbedingt anerkannt werden.

Homo- und transfeindliche Gewalt geht von Rechtsextremen wie Islamisten gleichermaßen aus – genauso wie der Antisemitismus. Deshalb muss das Recht auf ein Leben in Freiheit und Selbstbestimmung jenseits von deutscher “Volksgemeinschaft” und islamischer “umma” für alle Menschen verteidigt werden – ungeachtet ihres Geschlechts, ihrer Herkunft oder ihrer sexuellen Orientierung.

Unsere Solidarität gilt den verfolgten Homo- und Bisexuellen, Transpersonen und allen, deren selbstbestimmte Existenz die islamistischen Feinde der Freiheit auf den Tod bekämpfen. «

Würzburg, 28. Juni 2024