Foto: Zelte eines Flüchtlingslagers in Gaza (Quelle: Emad El Byed)

Ausschnitte unseres Redebeitrag gegen einen israelfeindlichen Aufmarsch am 15.06.2024.

Gegen die Instrumentalisierung des Leids!

Das schreckliche Leid in Gaza macht betroffen. Es muss betroffen machen und es macht auch uns betroffen. Der von der Hamas mit dem furchtbaren Massaker, der antisemitischen Vernichtungsaktion an 1.200 israelischen Zivilist:innen, begonnene Krieg muss enden, alle Geiseln freikommen und Gaza mit internationaler Unterstützung wiederaufgebaut werden. Der Krieg muss aber auch zu Konditionen enden, die sicherstellen dass die brutale Herrschaft der Hamas über die Menschen in Gaza endet und sie keine erneute genozidale Bedrohung für jüdisches Leben im Süden Israels mehr darstellt. Die Anerkennung auch israelischen Leids und israelischer Sicherheitsbedürfnisse ist die Voraussetzung für eine solidarische und tragfähige Perspektive für die Menschen in Gaza.

Wie viele andere Menschen wünschen wir uns einen offenen Rahmen, um zu trauern und unsere Solidarität zum Ausdruck zu bringen. Eine solche Veranstaltung muss auch Jüdinnen:Juden, muss auch Israelis einen sicheren Raum bieten. Die meisten weltweit stattfindenden Palästina-Proteste scheitern hieran jedoch krachend und verlieren sich lieber im teils exzessiven antisemitischen Wahn.

Würzburg bildet hierbei keine Ausnahme, worauf wir bereits mehrfach hingewiesen haben (u.a. hier und hier). Im Gegenteil: Wir beobachten in Würzburg aktuell einen antisemitischen Dammbruch in Zeitlupe.

Foto: Von Hamas-Beschuss ausgelöste Feuer bei Kiryat Shmona (Quelle: Israeli Fire and Rescue Service)

Und selbst den Überlebenden und Opfern in Israel wird wegen des von der Hamas aufgezwungenen Kriegs verwehrt, zu trauern. Die vollkommen zerstörten Regionen im Süden Israels sind weiterhin militärisches Sperrgebiet. Zehntausende Israelis leben als Binnenvertriebene in Notunterkünften, auch weil die vom antisemitischen Mullah-Regime im Iran unterstützte, terroristische Hisbollah seit 8 Monaten durchgehend Raketen auf den Norden Israels niederprasseln lässt. Zuletzt feuerte sie mehrere hundert Raketen am Tag ab, löste weitflächige Waldbrände in Israel aus.

Man kann es gar nicht laut genug und oft genug betonen: Dieser Krieg und das Leid könnte morgen beendet sein, wenn die Hamas kapitulierten und die Geiseln frei ließen. Wer diese Minimalforderung nicht über die Lippen bekommt, wer stattdessen jüdisches Leid leugnet oder gar abfeiert, dem liegt nichts an den Palästinenser:innen, der befeuert die Aufrechterhaltung des palästinensischen Leids.

Antisemitischer Dammbruch in Zeitlupe

Bild: Baha A. Idris in taktischer Kampfhose und salutierend, auf der Kundgebung am 01.06.2024 in Würzburg. Auf TikTok untertitelt er seine Fotos und Videos regelmäßig mit Kampfliedern schiitischer Terrormilizen in Syrien und Irak. (Quelle: Instagram, TikTok)

Jedes Mal kommt es auf den Kundgebungen von “Free Palestine Würzburg” zu zahlreichen antisemitischen Vorfällen. Und auch heute wird das Leid der Palästinenser:innen wieder für antisemitische Propaganda auf Würzburgs Straßen instrumentalisiert werden. Wir wollen das nicht unwidersprochen lassen! Wir wollen nicht zusehen, wie die Not der Palästinenser:innen und das legitime Anprangern toter Zivilisten so missbraucht wird! 

Immer wieder fällt “Free Palestine Würzburg” durch ihren toxischen Antisemitismus auf (wir berichteten). Es ist besonders alarmierend, dass die Gruppe inzwischen auch die Würzburger Universitäten ins Fadenkreuz ihrer Agitation nimmt. 

Organisatorinnen der Gruppe verbreiten antijüdische Verschwörungstheorien und glorifizieren die gewaltvolle Vernichtung Israels. Regelmäßig nehmen an den Kundgebungen offene Hamas-Unterstützer teil. Auf ihrem offiziellen Social Media Auftritt teilt die Gruppe immer wieder verhetzenden Content aus islamistisch-extremistischen Quellen. Die Gruppe instrumentalisiert und manipuliert gezielt die Emotionen um das Leid in Gaza, um immer einseitigere und hasserfülltere Positionen in den Raum des Sagbaren zu verschieben: Möglichst graphisch wird die Gewalt beschrieben, möglichst grausam und blutig sollen die geteilten Videos sein, um Israel als grausamen, entmenschlichten Dämonenstaat zu delegitimieren.

Immer wieder wird Israel aufs Übelste dämonisiert und dem Staat sein Existenzrecht abgesprochen. Das Massaker des 7.Oktobers wird zum Freiheitskampf gegen eine imaginierte Apartheid stilisiert, die brutalen Vergewaltigungen geleugnet. Islamist:innen wird sowohl als Redner:innen auf Veranstaltungen als auch in Instagram-Stories eine Bühne geboten.

»Ihr seid unser Feind«: Hamas-Propaganda und Vernichtungswünsche

Foto: Am 07. Juni teilt die Gruppe auf ihrem offiziellen Social Media Account unkommentiert ein Video des Hamas-Propagandakanals “Shehab News”, in dem alle in Israel lebenden Jüdinnen und Juden zum legitimen Feind erklärt werden: Man habe ja keine Probleme mit z.B. spanischen Juden, aber die Juden hier in Palästina, die seien allesamt Besatzer, und somit der Feind. Der Kanal gilt als Sprachrohr der Terrormiliz Hamas und ist selbst in den palästinensischen Autonomiegebieten wegen seiner Nähe zur Hamas verboten. (Quelle: Instagram)

Durchgängig kommt es auf den Kundgebungen zu antisemitischen Aussagen und Symbolik, z.B. wenn Israel in Slogans, Reden und Liedern als blutrünstiger Baby-/Kindermörder beschrien, seine Existenz und Staatsgründung 1948 delegitimiert oder eine jüdisch-israelische Steuerung von Politik und Medien behauptet wird. Das geht hin bis zu unverhohlen auf der Bühne bekundeter Unterstützung für den “Widerstand” (Codewort für die Hamas) und den “Kampf gegen die Besatzungsmacht”. Immer wieder zeigen sich Teilnehmer:innen und Orga-Team mit Kleidung, Accessoires, Stofftaschen und Tattoos auf denen ein großpalästinensischer Staat auf dem Gebiet Israels abgebildet ist und bekunden damit öffentlich, dass sie die vollständige Vernichtung des jüdischen Staats befürworten. All das ließ sich alleine innerhalb der ersten Stunde der letzten Kundgebung1 am Bahnhof dokumentieren – Dutzendfach!

Teilnehmende zeigen sich in den sozialen Netzwerken teils als offene Hamas-Sympathisant:innen in militärischen Posen, unterlegt mit der islamistischen Kampfmusik schiitischer Terrormilizen im Irak und Syrien, feiern die antisemitische Vernichtungsaktion der Hamas vom 7. Oktober. Hier nur einige Zitate eines Teilnehmers und Redners, der zuletzt in militärischer Kampfhose auf der Kundgebung mit Siegeszeichen posierte: “Möge Allah sich an euch bestrafen, oh Zionisten” / “Jerusalem gehört uns” / “Ich bin bereit für dich zu sterben, oh Al Aksa”. Stören tut sich daran niemand. 

Ahu Yildirim, die zum Kernteam der Gruppe gehört und auch vermutlich auch heute wieder auftritt, behauptet auf Social Media eine Weltverschwörung der jüdischen Rothschild-Familie, die angeblich seit Jahrhunderten Krieg und Zwietracht säe, und die Kontrolle über Politik, Kunst und Medien und Krieg säe. In weiteren Postings unterstellt sie New Yorker Juden, sie würden in Kellern unter Synagogen heimlich Kinder schlachten, vergewaltigen und ihre Organe rauben. 

Auf ihren Kundgebungsaufrufen behauptet die Gruppe geradezu höhnisch, man sei “gegen Antisemitismus und Rassismus”. Angesichts des aus jeder Pore triefenden Antisemitismus fragen wir uns: 

How dare you! Wie schaffen es diese Menschen überhaupt noch vor den eigenen Spiegel, geschweige denn in die Öffentlichkeit, ohne vor Scham zu ersticken? Und wie offen, wie brachial muss Antisemitismus noch werden, bevor sich endlich etwas tut!

Solidarität mit Judenmördern und Unterdrückern

Bild: Der Nürnberger Franz Wichert tritt in der Region immer wieder auf Kundgebungen auf, dichtet bekannte Songtexte antisemitisch um, um Israels Existenzberechtigung zu delegitimieren. So geschehen auch auf einer Kundgebung am 1. Juni: So singt er bspw. im Song “Zombie” von den Cranberries: “It’s the same old theme, since 1948” (statt “since 1916” wie im Originaltext, gemeint ist damit das Jahr der Staatsgründung Israels). Ein weiteres Lied – Viva la Vida von Coldplay – widmete er explizit dem gewaltsamen Kampf gegen den jüdischen Staat, “den tapferen Palästinensern, die Widerstand leisten (…), die gegen die Besatzungsmacht kämpfen!”. Auf Social Media ruft unverhohlen er zur Intifada, der massenhaften Gewalt gegen jüdische Menschen, auf. (Quelle: Instagram)

Wenige Stunden nach der erfolgreichen Befreiung von 4 israelischen Geiseln am vergangenen Wochenende verbreitete die Gruppe auf ihrem offiziellen Instagram-Kanal mehrfach und ungeprüft die vom Medienbüro der Hamas in die Welt gesetzten Todeszahlen und die Falschnachricht von einem angeblich gezielten, in Kooperation mit den USA begangenen Genozid an palästinensischen Kindern und Frauen. 

Die Geiseln Almog (21), Andrey (27) und Shlomi (40) wurden monatelang in der Wohnung eines zivilen Hamas-Unterstützers und seiner Familie gefangengehalten, wo sie massiver physischer und psychischer Folter ausgesetzt waren. Dass die Geiseln von der Hamas absichtsvoll mitten in einem in einem dicht besiedelten zivilen Wohngebiet gefangen gehalten wurden, dass unter die von der Hamas verbreitete Opferzahl der Befreiungsaktion auch die unzähligen schwerbewaffneten Hamas-Kämpfern fallen, die ihm Wohngebiet stationiert waren und die mehr noch als Israel für die bei den Feuergefechten zu Tode gekommen Zivilist:innen verantwortlich sind, zu all dem schweigt sich Free Palestine Würzburg aus. Von der Free-Palestine-Szene wird der nun getötete Geiselnehmer stattdessen als unschuldiges Opfer, Märtyrer und erneuter Beweis der angeblichen Blutrünstigkeit Israels gefeiert.

Foto: Die Hamas bekennt sich offen zu ihrer Instrumentalisierung toter Zivilisten. Das Blut unschuldiger Palästinenser sei ein “notwendiges Opfer”, um “Leben in die Adern dieser Nation zu hauchen, sie zu Ruhm und Ehre zu befördern”. (Quelle: Instagram/@idf und WSJ)

Das Gegenteil ist der Fall: Denn die Hamas nutzt die Bilder vergossenen palästinensischen Bluts als bewusstes, perfides Instrument zur Steigerung der westlichen Empörung gegen Israel; oder wie es Hamas-Führer Y. Sinwar kürzlich in vollkommener Blut-und-Boden-Ideologie formulierte, als “notwendiges Opfer” um “den Adern dieser Nation Leben einzuhauchen, zu Ruhm und Ehre aufzusteigen”: “Kein Blut – keine Nachrichten!”. 

Wo bleibt der Aufschrei?

Foto: Antisemitische Schmierereien an der Grombühlbrücke und in der Semmelstraße (Quelle: Privat)

Die israelfeindliche Hetze in Würzburg schlägt zunehmend auch in offenen Antisemitismus und Bedrohung um. In den vergangenen Monaten wurden mehrfach Judensterne – teilweise begleitet von “Juden Raus!” – und anderen antisemitischen Parolen an Würzburger Hauswände geschmiert. Erkennbar jüdische oder israelsolidarische Personen werden in der Öffentlichkeit bedroht und gegängelt. 

Wir fordern endlich ein konsequentes Vorgehen gegen den Hass!

Wo bleibt die klare Verurteilung der antisemitischen Hetze durch die Stadt Würzburg?

Wo ist die konsequente Strafverfolgung?

Wo ist der breite gesellschaftliche Aufschrei, wenn im Wochentakt Antisemit:innen durch unsere Stadt marschieren und das Ende des jüdischen Staates fordern?

Solidarität mit Israel!

Foto: Protest gegen israelfeindlichen Aufmarsch am 15.06.2024.

Wer es ernst meint mit Frieden für Gaza, dessen allererste Forderung sollte die Freilassung aller Geiseln und die Niederlegung der Waffen durch die Hamas sein, nicht einseitige Forderungen an Israel, seine Selbstverteidigung und die Sicherheit seiner Bürger aufzugeben.

Israel hat nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, die Gefahr durch die Hamas dauerhaft auszuschalten. Wir stehen daher fest an der Seite Israels: Den Überlebenden, den Angehörigen und Freund:innen der Opfer, den Soldatinnen und Soldaten, die weiter um das Leben der Geiseln bangen und kämpfen.

Wir fordern:

Für Frieden und Freiheit im Nahen Osten!

Freiheit für die Geiseln statt Antisemitismus und Hass! 

Frieden für die Menschen in Gaza statt Islamismus und Hamas-Propaganda!

Endlich konsequente Strafverfolgung bei Antisemitisus und Hetze!

Würzburg, 15. Juni 2024


Fußnoten:

  1. Auf der Kundgebung am 01.06. verlas u.a. Ahu Yildirim einen mit völkischen Pathos überladenen Klagebrief eines vermeintlich zehnjährigen Kindes aus Gaza. Gerichtet ist der Text an die arabischen Führer, welche “die Märtyrer in Gaza” im Stich gelassen hätten. Der offensichtlich von einem Erwachsenen erfundene Text geht aktuell auf TikTok mit dem Stichwort “Brief eines Märtyrers” unter islamistischen Accounts viral und endet mit den Worten “Mit der Erlaubnis Allahs (inshaAllah) bin ich ein Märtyrer”. Ein weiterer Redner erging sich in einer Hetzrede gegen die “widerwärtige Heuchelei des Westens”, die “imperialistischen Hunde” und “Yankees”, die aus “den Trümmern der Krankenhäuser und zerstörten Leben” ihre “sogenannte Demokratie” aufgebaut hätten. In Deutschland würde eine “weiße Aristokratie” herrschen, welche die propalästinensische Bewegung aktiv von Protesten abzuhalten versuche. Wieder ein anderer Redner beklagte minutenlang eine angeblich gezielte Kampagne von Staat und Medien gegen die ‘Free-Palestine’-Bewegung in Deutschland, die aus Unterdrückung, und Einschüchterung bestünde: “Internationale Menschenrechte” seien “ein Witz, und dienen nur dem weißen Westen”. Doch, über all das “dürfen wir hier nicht darüber reden”, und meint damit u.a. den konstruierten Genozid-Vorwurf gegen Israel. Grundrechte seien nur noch “eine Fassade” des deutschen Staates. Zwischen den Reden und Liedern wurden immer wieder israelfeindliche und antisemitische Slogans eingepeitscht und von der Menge skandiert, auf Schildern und Plakaten erneut eine (je nach Lesart) jüdische/zionistische/israelische Kontrolle über Staat und Medien behauptet und die antisemitische Ritualmordlegende vom kinderentführenden und -schlachtenden Juden aufgewärmt. (Beispiele: “Wer profitiert von 70 Jahren gestohlener Kinder (…)?”, “Killing babies is not self-defense!”, “Zionisten boykottieren!”, “One Solution”, “Stoppt den Kindermord”, “Kindermord ist Kindermord”, “Deutsche Medien lügen – lasst euch nicht betrügen”, “Warum ist die Welt so still – weil es Israel so will!”, “Wer profitiert, wenn wir alle die selben ‘One Media’ sehen??”). ↩︎